Wunder der Natur: Die Hefe hält uns jung

Für Bierbrauer sind Hefen wunderbare Helfer auf dem Weg zu aromatischen Bieren. Die Hefeforschung der Brauereilabors beschränkt sich darum auf die Optimierung der Gäreigenschaften.

Ein Freund hat mich auf ein Buch aufmerksam gemacht, welches unter anderem einen völlig neuen Blickwinkel auf diese Wunderzelle wirft: Die Altersforschung.

Was? Hefe, der neue Jungbrunnen?
Diese Medizin der Altersforschung nennt man Epigenikum und dieses Gebiet hat die Hefe entdeckt!

 

Kann man nachlesen: „Das Ende des Alterns“, Prof. Dr. Matthew D. LaPlante, Forscher u.a. am MIT in Boston, Dumont Verlag, ca. 500 Seiten. Gibt’s auch als Hörbuch.

 

Matthew beschreibt darin detailliert, wie das mit dem Altern geht. Eine komplexe Geschichte. Zum Beispiel fand man heraus, dass es in vielen Zellkernen nicht erforschte Strukturen gibt, die bei Entstehung von Krankheiten oder eben im Alterungsprozess eine entscheidende Rolle spielen. In dem man nun die richtigen Gene aktiviert, versucht man, den Organismus zu verjüngen. Sprich, den Alterungsprozess zu beeinflussen. Ein alter Traum der Menschheit!  

Wir sind mit der Hefe verwandt

Obwohl unsere „Verwandtschaft“ mit den Hefezellen eine Milliarde Jahre
Evolution entfernt ist, haben wir offenbar immer noch vieles gemeinsam: Die obergärige Bierhefe.
Die gute alte Saccaromyces cerevisae, wie man fachliche die obergärige Bierhefe nennt, teilt sich mit uns ungefähr 70 Prozent unserer Gene.
Ja, genau: 70 Prozent!

Und mit diesen gemeinsamen Genen macht die Hefe im wesentliche das gleiche wie wir Menschen: sie will fressen oder sich fortpflanzen. Zitat: hungrig oder geil…

Sobald sie älter werden, lassen die Hefezellen es langsamer angehen, wie wir auch. Gleichzeitig werden sie (ebenfalls) grösser, runder und weniger fruchtbar. Während sich dieser Prozess beim Menschen über Jahrzehnte hinzieht, spielt er sich bei Hefezellen innert einer Woche ab. Darum sind Hefezelle ein guter Ausgangspunkt, wenn man unsere Alterung verstehen will.

Verjüngungspotential

Das die Bierhefe das Potenzial hat, uns schnell und viel über uns selbst zu verratten, hat nun auch die Forschung erkannt. Denn wenn man den Alterungsprozess der Hefe entschlüsseln kann, stehen die Chancen auch sehr gut, dass mann diese Erkenntnisse auf den Menschen übertragen kann. Logisch aber vielleicht nicht ganz einfach.

Mittlerweile hat man es sogar geschafft, die Lebens- und Vermehrungsfähigkeit der Hefezellen, mit entsprechenden Eingriffen und zu verdoppeln. Alte Labormäuse, die man mit derart behandelten getrockneten Hefezellen fütterte, wurden wieder fit. Sie haben im hohen Alter sogar die Treträder in ihren Käfigen kaputtgefahren! Das haben bis heute nicht einmal junge Mäuse geschafften.

Warten wir also mal ab ob wir doch mit 100 Jahren noch den Marathon laufen wurden oder eben eine Brauereien managen. Ich habe jedenfalls meinen Rücktritt bis auf weiteres verschoben!😊

Freundlich mit der Hefe
Meine neue Verwandtschaft mit der Bierhefe ist mir nicht unsympathisch. Es gibt schlimmere Verwandte. Ich werde sie in Zukunft im Gärbottich mit einem freundlichen „Hallo, Jungs“ begrüssen und hoffe darauf, dass der nächsten Schluck Josefi, mit der feinen Hefetrübung, wie eine kleine Verjüngungskur wirkt.

 

Prost! 🍻

 

Unterschrift WAM schwarz
Martin Wartmann, Bierbrauer (Jahrgang 1947)

Darf man Bier «spritzen»?

Die überraschend hervorragend schmeckende Kombination aus Pilgrim Bieren und Grenadine-Sirup. Wieso das funktioniert und möglicherweise der nächste Sommerhit wird.
Weiterlesen